Montag, 3. März 2014

[Rezension] "Und auch so bitterkalt" von Lara Schützsack






Titel: Und auch so bitterkalt
Reihe: nein
Autorin: Lara Schützsack
Verlag: FISCHER KJB (20. Februar 2014)
Genre: Jugendliteratur, Drama
ISBN: 978-3596856190
Seiten: 176
Vom Hersteller empfohlenes Alter: 14 - 16 Jahre



"Und auch so bitterkalt" bekam ich als Überraschung vom Verlag.




Dies ist die Geschichte von Lucinda. Lucinda ist schön, lebenshungrig und leuchtet wie ein Stern. So hell und so schön und gleichzeitig Lichtjahre entfernt. Lucinda scheint in einer anderen Welt zu leben, nach eigenen, erbarmungslosen Regeln. Wer Lucinda liebt, muss ertragen, ihr niemals richtig nah sein zu können. So sind Sterne eben. Und manchmal fallen sie vom Himmel und verglühen. Einfach so.
(Bild- & Textquelle: Fischer Verlage)





Einstieg ins Buch:
Am Himmel steht, rund und unglaublich hell, der Mond. Lucinda und ich liegen auf unserer Brücke und schauen in den Himmel.

Für viele Kinder ist wohl das grössere Geschwister ein Vorbild, doch bei Malina geht das noch viel weiter. Sie vergöttert Lucinda geradewegs, denn diese ist etwas ganz Spezielles. Durch Malinas Augen lernen wir ihre grosse Schwester kennen. Lucinda gehört zu keiner Clique und beugt sich keiner Norm. Sie kleidet sich wie und macht was sie möchte und scheint alles aus voller Inbrunst zu tun.
Selten habe ich es erlebt, dass die erzählende Protagonistin so wenig Platz einnimmt, doch genau so ist es auch im Alltag der Familie: Lucinda bekommt alle Aufmerksamkeit, erst durch ihr extravagantes Benehmen, dann durch ihr gestörtes Essverhalten.

Es gibt keine Wahrheit, die für alle Menschen gleich ist, sagt Lucinda, und deswegen gibt es auf keine Fragen, die man nicht beantworten kann. Es gibt unendlich viele Wahrheiten. Nur das, was wir fühlen, kann für uns auch wahr sein.     (Seite 15)

Doch es gibt auch die dunklen Tage, an denen Lucinda weder sich noch die Welt ausstehen kann, während denen sie sich ins Schneckenloch zurückzieht und nicht herauszulocken ist.
Die Familiensituation spitzt sich immer weiter zu. Lucinda hält sich an keine Regel, macht was sie möchte und stösst ihre Eltern und ihr Umfeld oft vor den Kopf. Sie sammelt Erfahrungen mit Jungs, mit Alkohol und merkt wohl erst zu spät, dass sie bei ihrer Gratwanderung langsam aber sicher das Gleichgewicht zu verlieren scheint.

Eine Nacht voller möglicher Geheimnisse zerfällt vor mir zu nichts als blasse Stunden. So ist es immer mit meiner Schwester, wen sie geht, nimmt sie alle Farben mit sich.     (Seite 42)

"Und auch so bitterkalt" ist eine Hommage an eine grosse Schwester, an eine schillernde Persönlichkeit, die in alle Richtungen überbordet. Lucinda ist alles andere als ein 0815-Charakter und wahrlich kein einfacher Teenager. So tat ich mich öfters schwer mit ihren Allüren und fragte mich, woher ihr Drang, immer im Mittelpunkt stehen zu müssen, wohl kommen mag. Antwort habe ich keine gefunden, denn die Familie scheint eigentlich intakt zu sein, nur verblassen sie allesamt neben einem so einnehmenden Menschen.

Die wirklich schlimmen Dinge vergisst man manchmal einfach. Aber irgendwo in unserem Körper, da sitzen sie noch immer und warten auf ihren grossen Auftritt.     (Seite 69) 

Es gibt Schriftsteller, die für eine nichtssagende Geschichte 500 Seiten verschreiben und es gibt einzelne Autoren, die es schaffen in knapp 180 Seiten ein Drama zu verpacken, das auch nach dem Zuklappen des Buches immer noch in einem nachhallt. Lara Schützsack gehört ganz sicher zur zweiten Gruppe.
In "Auch so bitterkalt" zeigt sie so viele unterschiedliche Geischtspunkte, so dass auch ich manchmal irritiert, dann wieder fragend , bedrückt oder betroffen inne halten musste.
Ihre Geschichte, ihr Schreibstil ist anders, speziell und spricht wohl auch mit dem Tabu-Thema Essstörung nicht die breite Masse an. Doch es ist ein ungeschliffener Juwel in einer Nische des Buchmarktes.





Nach kurzen Anlaufschwierigkeiten hat Lucinda auch mich mit ihrer schillernden Persönlichkeit gefangen genommen. Auf gerade mal knapp 180 Seiten schildert Lara Schützsack eindringlich ein literarische hoch stehendes, manchmal irritierendes, sehr ehrliches und bewegendes Familiendrama, das einen nicht mehr so schnell loslässt.


(Diese 4.5 Leseenten sind eine Übergangslösung, bis ich eine zufriedenstellende Variante gefunden habe.)






Lara Schützsack, geboren 1981 in Hamburg, absolvierte ein Drehbuchstudium an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin. Ihr erstes verfilmtes Drehbuch ›Draußen ist Sommer‹ lief 2013 in den deutschen Kinos. Lara Schützsack lebt und arbeitet als Autorin und Musikberaterin in Berlin.
(Textquelle: Fischer Verlage)


10 Kommentare:

  1. Das Buch möchte ich auch unbedingt noch lesen. Es klingt toll und deine Rezi ist schön geworden. Lg Petra

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    1. Hoi Petra
      Vielen Dank für dein Kompliment.
      Und ja, das Buch lohnt sich definitiv. Es ist einfach auch mal wieder etwas ganz anderes ...
      lg Favola

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  2. jepp, klingt wirklich nach einem Buch, welches ich auch unbedingt lesen möchte. Danke für die Rezi und liebe Grüße aus Berlin, hab eine tolle neue Woche.
    Claudia

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    1. Hoi Claudia
      Danke, dir auch eine tolle Woche ...
      Ich lese zwischendurch halt gerne mal ein spezielles, anderes Buch ....
      lg Favola

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  3. Die Rezension, der Klappentext, die Zitate...also wenn da nicht alles "Lies mich!" schreit, weiß ich auch nicht mehr weiter. Scheint ja mal interessant zu sein, dass sich das Buch nicht größtenteils auf den Erzähler bezieht. Kannte ich bisher nur von "Lycidas" :)

    Liebe Grüße,
    Bramble

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    1. Hi Bramble
      "Lycidas" kenne ich dafür nicht .... muss ich mir gleich einmal anschauen gehen ....
      lg Favola

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  4. Das hört sich doch mal wieder interessant an. Vielen Dank für die schöne Rezi :-)

    Liebe Grüße
    MacBaylie

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    1. Immer gerne, MayBaylie :-)
      Und es ist definitiv interessant, regt zum Nachdenken an und geistert auch Tage nach dem Lesen noch durch den Kopf ....
      lg Favola

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  5. Ja, genau so empfand ich das Buch auch. Die Geschichte war stellenweise etwas schwierig (eigentlich komplett) und trotzdem habe ich das Buch total schnell durchgelesen. Ich mag es, wenn es dabei noch Gelegenheit für eigene Interpretationen gibt.
    Drück!
    Damaris

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    1. Hoi Damaris
      Ich brauchte für die wenigen Seiten ja mehr Zeit als gedacht, aber ich denke, das war, weil es eben zum Teil so strange war .... das mit den eigenen Interpretationen mag ich auch. Vor allem das Ende hat mir aus diesem Grund gut gefallen, obwohl es für mich ganz klar eine Metapher ist ....
      glg Favola

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