Montag, 3. Juni 2013

[Rezension] "Bitterzart" von Gabrielle Zevin





Titel: Bitterzart
Reihe: Birthright Trilogy, Band 1
Autor: Gabrielle Zevin
Genre: Jugendbuch, Dystopie
Verlag: FISCHER FJB (25. April 2013)
ISBN: 978-3841421302
Seiten: 544
empfohlenes Alter: ab 14 Jahren





Schon als Kind hat mir mein Onkel Geschichten vom Schokoladenmännchen erzählt .... ich als Schweizerin komme also ganz bestimmt nicht an diesem schokoladigen Buch vorbei.




Ein Mädchen zwischen High School und Verbrechen, zwischen Liebe und Verantwortung

New York 2083: Wasser und Papier sind knapp, Kaffee und Schokolade sind illegal. Smartphones sind für Minderjährige verboten und um 24 Uhr ist Sperrstunde. Die Balanchine Familie ist das Zentrum des illegalen Schokoladenhandels in New York. Doch die Eltern von Anya Balanchine sind bereits tot, und Anya ist mit 16 Jahren das Familienoberhaupt. Sie kümmert sich um ihre Geschwister und die kranke Großmutter, und versucht, sie alle möglichst aus dem illegalen Familiengeschäft rauszuhalten.
Von ihrer ersten großen Liebe Win kann sie sich allerdings nur sehr schwer fernhalten, dabei ist er ausgerechnet der Sohn des Oberstaatsanwaltes – ihres schlimmsten Feindes…(Bild- und Textquelle: Fischer)



Einstieg ins Buch:
Am Abend bevor ich in die elfte Klasse kam - ich war so gerade sechzehn -, sagte Gable Arsley, er wollte mit mir schlafen. Nicht in ferner oder absehbarer Zukunft. Nein, sofort.

Eine dystopische Mafialiebesgeschichte mit illegalem Schokoladenhandel ... genau darauf habe ich gewartet, denn alle drei Aspekte sind genau mein Ding. Leider konnte mich Gabrielle Zevin mit ihrer tollen Grundidee nicht wirklich überzeugen.
Dass die Geschichte 2083 in New York spielt, verblasst im Buch nach und nach. Von der diktatorischen Regierungsform bekommt man nicht wahnsinnig viel mit, denn ein grosser Teil der Handlung spielt sich an der High School ab und die scheint nicht sonderlich anders zu sein.
Koffein und Schokolade sind illegale Genussmittel, Papier ist sehr selten, so dass alles digitalisiert ist, telefonieren ist sehr teuer. Wasser ist so rar, dass oft Alkohol getrunken wird (Besteht Alkohol nicht auch zu einem grossen Teil aus Wasser?). Diese Aspekte haben mich sehr gereizt, doch leider sie viel zu wenig ausgearbeitet.

Seit meiner Geburt, vielleicht schon länger, waren keine neuen Bücher mehr gedruckt worden (der Grund waren die hohen Papierkosten). Nana hat mir mal erzählt, dass es früher, als sie jung war, grosse Läden voller Papierbücher gab. [...] Heutzutage war so gut wie alles digitalisiert. Alle Papierbücher waren eingestampft und zu unverzichtbaren Dingen wie Toilettenpapier und Geld recycelt worden.    (Seite 65)

Gabrielle Zevins Schreibstil ist sehr leger und erinnert an ein Tagebuch. Ab und zu spricht Anya den Leser direkt an oder fügt Erklärungen in Klammer an. Man merkt sehr gut, dass sie die Geschichte rückblickend schildert, denn ab und zu verwendet sie das Wort 'damals', doch wann und aus welchem Grund sie ihre Erlebnisse erzählt, erfährt man nicht.
Obwohl die Autorin den personalen Erzählstil gewählt hat, konnte ich mich nicht wirklich in die Protagonistin hineinversetzen, ich blieb Zuschauer. Für mich kratzt die Geschichte nur an der Oberfläche und geht zu wenig in die Tiefe. Allenfalls wird die Alufolie der Schokolade aufgerissen und man erhascht einen Blick auf die Köstlichkeit, doch die Geschmacksexplosion im Mund bleibt aus.

Anya hat ganz bestimmt kein einfaches Leben, doch sie bleibt mir einfach zu blass. Für dass sie schon seit längerem die Verantwortung für ihre Geschwister trägt, ist sie mir zu unsicher und unentschlossen. Zudem schwankt sie ständig hin und her - sei das nun in familiären Angelegenheiten oder in der Beziehung zu ihrem Freund Will.
Die Weisheiten ihres toten Daddys sind zwar zum Teil wirklich schön, doch habe ich immer mehr das Gefühl bekommen, dass Anya vor allem darauf baut und nicht sich selber vertraut.

Mein echter Daddy hatte immer gesagt, wenn man nicht so manches ignoriert, kämpft man sein ganzes Leben lang gegen Kleinigkeiten.     (Seite 13)

Ich bin der Meinung, dass vor allem die Protagonisten die Schwachstelle des Buches sind. Denn nicht nur Anya ist mir zu blass, auch ihr Freund Win bleibt unscheinbar und ist der nette 0815 Junge von nebenan. Und so konnte auch die Liebesgeschichte zwischen der 'Mafiatochter' und dem Oberstaatsanwahlt Junior weder meinen Puls beschleunigen noch ein Kribbeln im Bauch auslösen.

"Ich sage dir, was mein Vater immer eingeschärft hat: "Yuji, entweder ist man ein Zuschauer, der in seinem Leben auf die Entscheidungen anderer reagiert, oder man ist der Anführer, der diese Entscheidungen selber trifft."     (Seite 93)

Trotzdem war "Bitterzart" für mich eine kurzweilige Leseangelegenheit. Eine Geschichte, die sich durch den locker leichten Schreibstil sehr schnell lesen lässt, aber wohl auch rasch wieder in Vergessenheit gerät. Schade, dass das Potential der Grundidee nicht besser genutzt wurde.

Schon im Oktober 2013 erscheint der zweite Band "Edelherb". Ob ich nochmals von der Balanchine extra herb kosten werde oder einfach bei unserer Schweizer Schokolade bleibe, ist noch ungewiss.




Die Gestaltung des Buches ist dem Verlag wirklich sehr gut gelungen. Der Retrolook passt von mir aus gesehen ausgezeichnet und die Schokolade kommt auch nicht zu kurz. Das Mädchen - ich nehme jetzt mal an, das das Anya ist - ziert nicht nur das Cover sondern auch jede Seite eines Kapitelanfangs.


"Bitterzart" bietet viele interessante Themen wie Mafia, Liebe, Dystopie, Verbot von Schokolade und Koffein und Familienschicksal. Doch leider hat mir das schokoladige Buch den Alltag nicht so versüsst wie ich es mir erhofft hatte, denn all diese Aspekte blieben mir zu sehr an der Oberfläche, waren mir zu unscheinbar. Trotzdem hat mir das Buch kurzweilige Lesestunden beschert.








  1. Bitterzart
  2. Edelherb      → meine Rezension
  3. ? (erscheint voraussichtlich im Herbst 2014)

   






Gabrielle Zevin hat in Harvard Literatur studiert und lebt in Los Angeles. Sie hat bereits mehrere Romane sowie Drehbücher verfasst. Ihre Bücher wurden in über zwanzig Sprachen übersetzt und mit vielen Preisen ausgezeichnet.
(Textquelle: Fischer)


8 Kommentare:

  1. Die "verbotene Liebe" vom Klappentext habe ich leider auch nicht gespürt.
    Gegen Ende hin war Anya dann für mich authentisch und überzeugend, so dass ich neugierig auf die Fortsetzung geworden bin :-)

    lg
    Steffi

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  2. Halli hallo
    Die Geschichte hat mich irgendwie nie angesprochen.
    Bis jetzt waren die Meinungen auch eher " negativ " macht ja auch nichts so landet wenigstens ein Buch weniger auf meine Wunschliste!
    Liebe Grüsse Bea

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  3. Hoi Favola,
    In deiner Rezi finde ich mich komplett wieder. Das Dystopie-, New York- und Mafiafeeling fehlte komplett. Den Pool, bzw. die Familie empfand ich sogar als oberflächlich-ungefährlich. Auch die verbotene Liebe wirkt zu seicht. Die Weisheiten des Vaters fand ich ganz schön (glaub ich hab das gleiche Zitat gewählt *g*). Ich denke ich werde nicht weiterlesen ....
    Drück!
    Damaris

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  4. Upsi, Kommi-Überschneidung, hihi ...

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  5. Hallo Favola,

    schade, dass immer mehr Bücher, die groß angekündigt werden, nicht wirklich überzeugen können. Ob ich Bitterzart irgendwann lesen werde, weiß ich noch nicht. Vielleicht, wenn ich mal ganz viel Zeit haben sollte und nichts Besseres parat liegt ;-)

    Liebe Grüße
    MacBaylie

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  6. Hach, die Idee und die Aufmachung von "Bitterzart" finde ich echt klasse - aber was man so hört überzeugt mich eher weniger. Blasse Charaktere und eine eher langweilige bzw. auf jeden Fall wenig kribbelige Liebesgeschichte kann ich nicht leiden. Wahrscheinlich lasse ich besser die Finger davon, weil mir nämlich auch der Stil nicht so zusagt.
    Danke auf jeden Fall für die aufschlussreiche Rezension ;)

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  7. Im Nachhinein hätte ich auch lieber eine niedrigere Bewertung gebgeben (nur, oder noch 4 von 5), aber in dem Moment gefiel es mir wirklich gut. Aber insgesamt hat mir das Buch gefallen, weswegen ich dann Edelherb und leckere Schweizer Schoko genießen werde ;)

    LG, Sandrina

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  8. @Steffi:
    Ja, du hast recht .... Anya wurde gegen das Ende hin überzeugender. Ich meine, ich kann mir einfach nicht vorstellen, wie sie eine Familie managed, wenn sie so wankelmütig ist ...

    @Bea:
    Ja, das ist auch mal praktisch ... mich hat halt einfach das Thema illegaler Schokoladenhandel so angesprochen :-D

    @Damaris:
    Ja, ichbin ganz deiner Meinung, alles ein bisschen zu oberflächlich und die liebe Mafia ;-)
    Ich habe mich nun entschieden, zu testen, ob mir Edelherb schmeckt ... ;-)

    @MacBaylie:
    Also nie ;-) Aber das sage ich mir bei einigen Büchern jeweils auch ;-)

    @Sonne:
    Gerne :-) Ist doch auch immer praktisch, wenn man ein Buch streichen kann ;-) Es warten ja noch genügend Bücher auf uns :-D

    @Sandrina:
    Ja, manchmal würde man etwas später eine andere Bewertung abgeben. Aber das ist manchmal halt schwer ... Ich versuche dann immer auch mit den Büchern mit der gleichen Bewertung etwas zu vergleichen, aber eben, manchmal ist man im Nachhinein schlauer ;-) Aber es heisst ja 'Im Zweifel für den Angeklagten' ;-)

    lG Favola

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