Titel: Zum Glück braucht mich niemand
Autorin: Liv Marit Weberg
Übersetzerin: Nora Pröfrock
Genre: Coming-Of-Age
Verlag: FISCHER Sauerländer (23. Juni 2016)
ISBN: 978-3737352444
Seiten: 208
empfohlenes Lesealter: 14 - 17 Jahre
Liv Marit Webergs Debüt "Zum Glück bemerkt mich niemand ... dachte ich" war alles andere als Mainstream - eine ungeschliffene Perle, die man erst einmal bemerken musste. Und so musste ich unbedingt herausfinden, was aus der weltfremden Anne-Lise geworden ist.
Anne Lise ist eigentlich zu schüchtern für eine Beziehung, aber so verliebt, dass es kaum auszuhalten ist. Deshalb zieht sie Hals über Kopf mit ihrem frischgebackenen Freund Stian zusammen. Die beiden schmeißen ihr Studium in Oslo, um mitten in der Pampa eine Tierhandlung zu übernehmen. Doch Stian kümmert sich mehr um die Tiere als um Anne-Lise. Die ist natürlich stinksauer – wozu will er eigentlich überhaupt eine Freundin? Doch wie soll man sich streiten, wenn man eigentlich schon zum Küssen zu schüchtern ist? Und soll das jetzt etwa die große Liebe sein? Um herauszufinden, was man vom Leben eigentlich will, ist abhauen immer noch die beste Lösung – zumindest, wenn es nach Anne-Lise geht …
(Bild- und Textquelle: Fischer Sauerländer)
Einstieg ins Buch:
Als Mensch bin ich jetzt einer von zweien.
Mein Dasein als (tragisches und dysfunktionales) Einzelelement habe ich zugunsten einer Paarbeziehung aufgegeben (die ja der funktionalste Lebensstil von allen ist).
Das Debüt von Liv Marit Weberg "Zum Glück bemerkt mich niemand ... dachte ich" war alles andere als Mainstream, eine ungeschliffene Perle, die man erst einmal bemerken musste. Die Geschichte ist in sich abgeschlossen, umso erstaunter war ich, als ich entdeckte, dass es mit Anne-Lise noch weitergeht. "Zum Glück braucht mich niemand" ist so konzipiert, dass man den Vorgänger nicht unbedingt gelesen haben muss. Aber wer sich schon mit der doch schwierigen Protagonistin auseinander gesetzt hat, wird doch anders an das Buch herangehen, die Fortsetzung wohl mehr geniessen können.
Anne-Lise ist derart weltfremd und naiv, dass ich damals mehr als einmal dachte, dass sie alleine nicht überlebensfähig sei. Doch am Ende schienen sich ihre Träume zu erfüllen, sie zog mir ihrem Freund Stian zusammen und konnte bei dessen Tante in der Zoohandlung arbeiten. Doch schon bald kehrt der Alltag ein und an Anne-Lise beginnen die Selbstzweifel zu nagen, so dass sie flieht - zurück zu ihrer Mutter, zurück zu ihrer alten Strategie 'sich in ihrer Schuhschachtel verschanzen'.
Vielleicht fühle ich mich noch etwas unwohler als sonst, ich fühle mich in etwa so unwohl wie einer, der mit der Schwester seiner Ex-Freundin zusammengekommen ist und an einer Familienfeier teilnehmen muss. Und noch dazu schwul ist. Also extrem unwohl. (Seite 132)
"Zum Glück braucht mich niemand" ist in viele, manchmal sehr kurze Kapitel gegliedert. Wie die Protagonistin und die Geschichte ist auch der Schreibstil sehr speziell und ergibt ein passendes Gesamtbild. Anne Lise erzählt emotionslos, manchmal in abgehakten Sätzen, aber sehr oft mit einem äusserst trockenen Humor, der nicht immer gleich an der Oberfläche zu finden ist.
Dadurch, dass Liv Marit Weberg nicht oft Namen verwendet sondern von der Tante oder dem Onkel schreibt, wirkt alles ein wenig distanziert, was hier aber für einmal richtig gut passt.
Obwohl die Autorin auch die Realität oft etwas überspitzt darstellt und reichlich Ironie einfliessen lässt, wirkte "Zum Glück braucht mich niemand" wesentlich schwermütiger auf mich.
Anne-Lise hat immer mehr das Gefühl, nicht gebraucht zu werden, dass ihr Leben nicht lebenswert sei und hat nun neben ihrer enormen Schüchternheit auch noch mit einer Depression zu kämpfen.
Wie findet man seinen Platz in einer Welt, in der alle ausreichend Platz für sich beanspruchen? (Seite 175)
Doch auch dieses Mal gibt es Lichtblicke - sei dies ein Kurs zur Selbstentwicklung oder neu geknüpfte Kontakte.
Somit ist Liv Marit Weberg auch mit ihrem zweiten Roman eine unkonventionelle und besondere Geschichte gelungen, die zwar aufwühlt, einen dann aber doch zufrieden entlässt.
Einmal mehr muss man mit Anne-Lise Geduld haben und sich auf sie einlassen können, um "Zum Glück braucht mich niemand" geniessen zu können. Wenn einem dies gelingt, bekommt man von Liv Marit Weberg eine spröde, aber auch amüsante, alles andere als Mainstream-Geschichte geboten, die einen zum Nachdenken anregt und zum Schmunzeln einlädt.
- Zum Glück bemerkt mich niemand ... dachte ich → zu meiner Rezension
- Zum Glück braucht mich niemand
Liv Marit Weberg wurde 1988 als schüchternes kleines Mädchen geboren und lebt heute in Oslo. Sie hat am Norwegischen Kinderbuchinstitut literarisches Schreiben studiert und ihren Master in Nordischer Literatur an der Universität Oslo gemacht. In ihrem Debütroman ›Zum Glück bemerkt mich niemand … dachte ich‹ verarbeitet sie auch ihre eigenen Erfahrungen – auf die Spitze getrieben!
(Textquelle: Fischer Sauerländer)
Liebe Favola
AntwortenLöschenBei dir lohnt sich doch wirklich jeder Besuch. Wie ich magst du Bücher, die nicht einfach nur Bestesellerlisten erklettern, sondern auch manchmal dann entdeckt werden können, wenn man zur richtigen Zeit am richtigen Ort ist. Bücher mit einem gewissen Anspruch an die Leser, Bücher, die irgendwie speziell sind.
Danke auch hier wieder für den Tipp
Livia
Hallo Livia
LöschenJa, ich mag die gute Mischung. Manchmal brauche ich ein Buch, das ich einfach so verschlingen kann ohne gross darüber nachzudenken, dann lese ich aber auch sehr gerne etwas speziellere Bücher, die ihre Wirkung vielleicht erst auf den zweiten Blick entfalten.
lg Favola
Hallo Favola,
AntwortenLöschenich gebe zu - mich hat Band 1 leider nicht wirklich erreicht. Die Protagonistin wollte ich nur schütteln. :( Und deine Worte, dass man sich auch in Band 2 auf sie einlassen muss, zeigt mir, dass ich das Buch wohl nicht lesen werde. :( Dabei bin ich ein großer Fan von diesen besonderen Eck-Büchern, aber dieses Buch hat bei mir wohl doch zu sehr angeeckt.
Danke für den Eindruck!
Alles Liebe,
Anna