Montag, 25. Mai 2015

[Rezigramm] "Der Tag, als wir begannen, die Wahrheit zu sagen" von Susan Juby


Titel: Der Tag, als wir begannen, die Wahrheit zu sagen
Reihe: nein
Originaltitel: The Truth Commission
Autorin: Susan Juby
Genre: Jugendbuch
Verlag: cbt (27. April 2015)
ISBN: 978-3570159989
Seitenzahl: 352
empfohlenes Lesealter: ab 12 Jahren


Inhalt:

Das Leben ist nichts für Feiglinge...

… denken sich die drei Freunde Dusk, Neil und Normandy, zu Beginn des 11. Schuljahres und starten ein gewagtes Experiment: Einmal jede Woche wird abwechselnd einer der drei einem Menschen aus ihrer Schule eine Frage stellen, die bisher keiner auszusprechen wagte, obwohl alle nach der Antwort lechzen.
Hasst die ewig grantige Sekretärin wirklich alle Schüler, ist der schöne Tyler jetzt schwul oder nicht, nimmt der Freak aus der 12. Drogen und hat die Coole aus dem Langlaufteam mit einem ihrer beiden Teamkollegen was oder gar mit beiden? Was die drei besten Freunde allerdings damit lostreten, hätten sie nie geahnt. Ein kluges Buch über Freundschaft, Liebe und die Frage, was wir mit uns und unserem Leben anfangen und, was das eigentlich alles zu bedeuten hat.
(Bild- und Textquelle: cbt)  



Zu Beginn des 11. Schuljahres erscheint eine Mitschülerin von Dusk, Neil und Normandy mit kleinerer Nase, dafür grösseren Brüsten. Die drei Freunde überlegen, was sie zu ihr sagen sollen, denn ihrem Verhalten nach zu urteilen, erwartet sie eine Reaktion. Ihr einfach sagen, dass sie gut aussieht? Sie auf die Operationen ansprechen? Die drei entscheiden, dass man sich an die Wahrheit halten sollte und so spricht Neil sie an und kommt damit sehr gut an. So gründen die drei eine Wahrheitskommission und einmal jede Woche soll jeder abwechselnd jemandem aus der Schule eine Frage stellen, die bisher keiner anzusprechen wagte.


Ein Teil der Geschichte spielt also an der Schule der drei Freunde, ein zweiter sehr wichtiger Part ist jedoch die Familiensituation von Normandy. Ihre ältere Schwester ist eine begnadete Graphic Novel Künstlerin, die in ihren Chroniken ihre Familienmitglieder völlig ins Negative Licht rückt. Normandy leidet sehr darunter, vor allem auch, weil ihre Eltern nur hinter Keira stehen. Als diese dann ihr College abbricht, sich völlig zurückzieht und nur ihrer kleiner Schwester ein schlimmes Geheimnis verrät, bekommt die Wahrheitsfindung plötzlich eine ganz andere Dimension.


Normandy steht hier ganz klar im Vordergrund und doch ist sie eine Protagonisten, die nicht gerne im Mittelpunkt ist. Durch ihre bekannte Schwester und ihrer eigenen unglücklichen Rolle in deren Werken, sieht sie sich völlig in einem falschen Licht. Im Verlaufe der Geschichte fasst sie immer mehr Selbstvertrauen und beginnt, ihre Meinung zu vertreten.
Auch Neil, Dusk und Keira sind für die Handlung sehr wichtig, doch sie bleiben mir alle etwas zu unscharf gezeichnet, zu distanziert. 

Die Grundidee finde ich immer noch richtig spannend, doch hat bei mir der Klappentext definitiv zu hohe Erwartungen geschürt.
Gut gefallen hat mir, dass die Teenager hier für einmal nicht an eine normale Highschool gehen sondern eine Kunstschule besuchen. Das konnte der Geschichte eine ganz eigene Dynamik und Atmosphäre geben.
Wie Susan Juby die beiden Handlungsstränge mischt und zu einem wahrhaft spannenden Finale zuspitzt, konnte mich dann etwas über die ersten anstrengenden zwei Drittel des Buches hinwegtrösten.


Schon der Einstieg in die Geschichte ist sehr speziell. Wir lesen hier nämlich die Abschlussarbeit von Normandy. Im kreativen Schreiben hat sie ein Modul über Essays und genau so eines verfasst sie nun. Dazu bringt sie eine enorme Menge an Fussnoten an. Einige sind für die Lehrerin gedacht, die ihr zum Text Rückmeldungen gegeben hat, durch andere möchte die Schülerin viel Hintergrundwissen unterbringen und schweift oft ab, so dass der rote Faden entweder ein riesiges Wirrwarr oder aber gar nicht vorhanden ist. So stören diese 114 Fussnoten den Lesefluss und verleiten zum Überlesen.
Auch sonst erschienen mir Szenen zum Teil langweilig und überflüssig, so dass ich mich zusammen nehmen musst, diese nicht zu überfliegen.


Dass die Geschichte die Schularbeit einer Sechzehnjährigen ist, merkt man natürlich auch am Schreibstil. So schreibt sie frei von der Leber und schweift auch oft ab.
Die Essay-Form und Fussnoten sind sehr gewöhnungsbedürftig.






Mit einer tollen Grundidee und einem vielversprechenden Klappentext lockt "Der Tag, als wir begannen, die Wahrheit zu sagen" und wenn man sich durchbeisst, wird man mit einem guten und überraschenden Ende belohnt. Doch die spezielle Essay-Form und die übermässigen, oft überflüssigen Fussnoten sind wohl der Genickbruch der Geschichte, so dass bestimmt einige Leser schon vorher die Finte ins Gras werfen werden.





"Die Wahrheit ist ein Fluss. Wir müssen sie fliessen lassen."     (Neil, Seite 96)

"Die Wahrheit schweisst einen zusammen, egal ob es einem passt oder nicht."     (Neil, Seite 162)

Für meinen Vater ist die Wahrheit wie eine Zwiebel. Man will dem dummen Ding die Haut nicht komplett auf einmal abziehen, weil man sonst vielleicht nie wieder aufhören kann zu weinen.     (Normandy, Seite 346)






@ by Favolas Lesestoff


3 Kommentare:

  1. Ich habe mich auch durchgebissen - aber gefallen hat es mir nicht. Da kann auch der Schluss nix mehr reißen.

    Liebe Grüße
    Babsi
    https://buechersindfliegendeteppiche.wordpress.com/

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    1. Hey Babsi

      Ja, ich denke, dass halt sowieso schon viele Leser am Anfang weglegen, denn da ist es mit den Fussnoten ja wirklich massiv. Ich bin auch der Meinung, dass sich diese Form nicht ab 12 Jahren eignet. Schade um die tolle Grundidee.

      lg Favola

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  2. Das Buch hat mich irgendwie total angesprochen, aber jetzt ehrlich gesagt nicht mehr so sehr. Ich finde auch die Idee hinter dem Buch toll, aber was du über den Schreibstil und die Schreibweise geschrieben hast, schreckt mich eher ab. Das ist sicher alles Geschmackssache und anderen wird es gut gefallen, aber ich denke, mir wird es da wie dir gehen. Daher warte ich erst mal noch ein paar andere Rezis ab, bis ich mich dem Buch nochmal annähere.

    LG

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